Das Wort "Resilienz" findest du seit einiger Zeit überall in den Medien. Hast du dich auch schon gefragt, um was es dabei wohl geht? Warum es so wichtig sein soll, diese zu stärken? Ich will dir in diesem Artikel Klarheit darüber verschaffen und dir nicht nur verraten, warum du deine Resilienz trainieren sollst, sondern auch wie. Denn unsere Muskeln trainieren wir ja auch regelmässig... oder wir wissen zumindest, warum wir das tun sollten.
Mit Resilienz ist die psychische Widerstandskraft gemeint oder anders gesagt unsere Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigungen zu überstehen. Es ist also quasi unser psychisches Immunsystem, unser hauseigener Leibwächter, spezialisiert auf geistig-mentale Angriffe. Bei manchen ist der Bodyguard fit und bereit, sich bei jeglichem Verdacht von Gefahr oder Bedrohung einzuschalten. Bei anderen ist er von Haus aus angeschlagen oder muss erst noch lernen, seine Stärken bewusst einzusetzen. Wie das genau geht, erzähle ich dir später.
Nutze die Talente deines psychischen Leibwächters
Ist unsere psychische Widerstandskraft gut trainiert und stark, heisst das noch lange nicht, dass wir nicht geschwächt, niedergeschlagen oder traurig sein werden. Schliesslich erwischt uns manchmal auch ein Virus und wir werden krank. Auf diese Weise kommt unser körperliches Immunsystem mit (neuen) Erregern in Kontakt, lernt sie als "Feinde" zu identifizieren und zu bekämpfen. Dieser Prozess läuft auch auf der psychisch-mentalen Ebene ab. Da sind die "Angreifer" nicht Viren und Bakterien, sondern Gedanken und Verhaltensmuster, die - zumeist unbewusst - uns schwächen oder krank machen können. Auslöser für solche Angriffe können unscheinbare Begebenheiten, sein, wie Kritik von Bekannten, Freunden, Vorgesetzten oder Mitarbeitenden ebenso wie die Mitteilung einer schwerwiegenden Krankheit, eine Kündigung, Scheidung oder der plötzliche Tod eines geliebten Wesens. Die einen nennen dies Schicksal, die anderen der Lauf des Lebens.
Solche Erfahrungen können die stärkste Person in die Knie zwingen, aber - und das ist der grosse Unterschied - sie steht wieder auf! Sie weiss, was ihr auf die Beine hilft, und nutzt dieses Wissen und ihre Fähigkeiten dazu.
Verschiedene Wege führen zum Ziel
Aus der Forschung weiss man inzwischen, was wesentlich für eine gute Resilienz ist und dass alle Faktoren einander beeinflussen. Für dich und mich ist das insofern von Bedeutung, als dass wir von verschiedenen Seiten an der Widerstandskraft arbeiten können. Unser Bodyguard muss nicht in allen Bereichen gleich stark sein. Aber es ist wichtig zu wissen, auf was er "bauen", wo er gerade Schonung bzw. Training vertragen kann.
Achtsamkeit als Schlüssel
Welches sind nun diese unterstützenden "Säulen" der Resilienz? Was trägt uns durch herausfordernde Zeiten? Auch wenn alle Komponenten grundsätzlich gleichwertig sind, sticht für mich aus Sicht der Atemtherapie und Achtsamkeitspraxis die Akzeptanz aus allen heraus. Denn das Annehmen meiner Fähigkeiten, meiner körperlichen Möglichkeiten, wie sie mir aktuell gerade zur Verfügung stehen oder das Ankommen in einer Situation und das Sein mit dem, wie es gerade ist, ist der erste Schritt auf dem Weg der Wandlung. Ich akzeptiere damit, dass sich jetzt gerade etwas meiner Kontrolle entzieht undGefühle von Angst, Wut, Trauer, Hilflosigkeit, Frust etc. auslöst. Auch sie gilt es anzunehmen.
Probleme zuversichtlich anpacken, das Ziel fest im Auge und vom Netzwerk getragen
In stürmischen Zeiten gelassen wie ein Buddha? Dazu braucht es neben der Akzeptanz die Fähigkeit der Lösungsorientierung. Kann ich an der Situation etwas ändern? Erkenne ich mögliche Lösungsideen? Welche Kompetenzen besitze ich, die mir dabei helfen? Manchmal hilft es, die Umstände aus der Zukunft zu betrachten, dh die Zielorientierung ist gefragt. Wie wünsche ich mir meine Zukunft? Wie sieht bzw. fühlt es sich an, wenn ich am Ziel bin?
Andererseits ist es logisch, dass ich bei all diese Überlegungen und Handlungen an mich selbst glauben sollte. Deshalb ist das Selbstvertrauen und die Selbstwirksamkeit, dh meine Überzeugung, dass ich etwas bewirken kann - allein oder mit Hilfe anderer - eminent wichtig. Spätestens jetzt dürfte deutlich werden, wie die Resilienz Faktoren miteinander verwoben sind: Denn um eine Herausforderung zu meistern, braucht es nicht nur Selbstvertrauen und die Überzeugung, etwas bewirken zu können, sondern auch die Zuversicht, dass es gut wird. Selbst wenn du aktuell vielleicht gar noch nicht weisst, wie das gehen soll. Mit gefällt in diesem Zusammenhang der Spruch von Fernando Sabino (manche sagen auch er sei von Oscar Wilde oder John Lennon):
"Am Ende wird alles gut.
Und wenn es nicht gut wird,
dann ist es noch nicht das Ende."
Bei alledem muss ich mir ehrlich zugestehen, ob ich bereit bin, die vollumfängliche Verantwortung für mein Leben zu übernehmen, dh nehme ich meine eigenen Anteile an, die zum Problem geführt haben. Bin ich bereit aus der Opferrolle auszusteigen oder gebe ich dem Schicksal oder jemand anderem die Schuld an der gegenwärtigen Situation?
Und zum Schluss, der für mich zweitwichtigste Resilienz-"Schlüssel": Mein Beziehungsnetz. Kann ich mich auf verlässliche Menschen in meiner Umgebung abstützen? Die da sind, mich nehmen, wie ich bin, mir wieder aufhelfen, wenn ich gefallen, gestolpert bin, die mich lieben ohne wenn und aber... Habe ich ein professionelles Unterstützungssystem, wie Ärztin, Therapeutin, Masseurin, Coiffeuse oder Kosmetikerin, denen ich vertraue? Auch das sind Beziehungen, die für mich da sind und mir bei Herausforderungen beistehen.
Werde dir deinen Stärken bewusst
Jetzt habe ich viel aus der Theorie erzählt und due fragst dich nun sicher, wie sich das praktikabel in deinem Alltag umsetzen lässt. Am besten machst du zu Beginn eine Bestandesaufnahme. Werde dir deinen Stärken bezogen auf die obigen Themen und Fragen bewusst. Vielleicht merkst du bei all diesen Überlegungen, dass du einzelne Resilienz-"Schlüssel" in gewissen Situationen sehr gut einsetzen kannst und in anderen dagegen vergisst. Überlege, wo könntest du noch etwas Training gebrauchen. Vielleicht magst du dich mit einer guten Freundin oder einem Vertrauten zu diesen Themen austauschen. Oder du vertraust deine Gedanken deinem Tagebuch an.
Entscheide als nächstes, auf welchen Aspekt du in den kommenden Tagen deine Aufmerksamkeit richten möchtest. Schau, wie du in unterschiedlichen Alltagssituationen und Verfassung mit dem, was gerade geschieht, umgehst und wie sich das auf deinen Körper, deine Stimmung und deine Gedanken auswirkt. Nur beobachten und wahrnehmen. Du musst noch gar nichts verändern. Be- oder verurteile auch nichts.
Auf diese Weise kannst du Informationen über dich sammeln und Ideen generieren. Vielleicht entdeckst du, dass es sinnvoll wäre, einen Profi an Bord zu holen für die nächsten Schritte. Oder du möchtest die folgende Übung eine Zeitlang für dich ausprobieren und damit Erfahrung in der Achtsamkeit sammeln:
Atem beobachten - wenn möglich täglich mehrmals; nur beobachten, nicht bewerten.
Frage dich: Wie ist mein Einatem? Tief, oberflächlich, genüsslich? Schnell oder langsam? Erlaube ich mir vom Leben zu nehmen, was ich gerade brauche? Wie ist der Ausatem? Zaghaft, abrupt, kurz oder lang? Blockiert oder frei fliessend? Erlaube ich mir, mich der Welt zu zeigen und sie mitzugestalten? Gibt es eine Pause, bevor der nächste Einatem wieder kommt? Ist diese kurz oder lang? Verkrampft oder kann sich Stille ausbreiten? Kann ich darauf vertrauen, dass der nächste Einatem von allein kommt?
Du siehst, den Stürmen des Lebens kannst du etwas entgegensetzen. Mit Achtsamkeit und atemtherapeutischen Methoden kannst und deine Resilienz trainieren. Durch stetes Üben erhältst du ein differenzierteres Gefühl für dich und deinen Körper, und damit auch für deine Bedürfnisse. Du kommst immer mehr hinter deine Muster und reagierst nicht mehr reflexartig auf einen Reiz oder eine Situation, sondern kannst bewusst entscheiden und dir neue Strategien und Verhaltensformen aneignen.
Wie gehst du mit herausfordernden Situationen um? Was hilft und stärkt dich? Welche Erfahrungen mit der Atemtherapie oder der Achtsamkeitspraxis hast du schon gemacht? Erzähl mir doch im Kommentar davon. Ich freue mich darauf.
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