4. Dezember
Der Barbara Zweig
Was hat ein blühender Zweig mit Hoffnung und der Heiligen Barbara zu tun?
Als ich vor vielen Jahren begonnen habe, mich mit den Gebräuchen rund um die Jahreskreisfeste auseinander zu setzen, habe ich das Ritual des Barbara Zweiges kennengelernt. Es ist ein sehr alter Orakel-Brauch, in welchem man am 4. Dezember, dem Tag der Heiligen Barbara, einen Zweig eines Obstbaumes schneidet und ihn zuhause in Wasser stellt, damit er - hoffentlich - an Weihnachten blüht.
Der Sage der Heiligen Barbara nach wurde sie zur Zeit der Christenverfolgung von ihrem Vater in den Kerker geworfen, weil sie zum christlichen Glauben konvertierte. Auf dem Weg in den Kerker verhedderte sich ein Kirschzweig in ihrem Kleid. Barbara entdeckte diesen im Verlies, tränkte ihn mit etwas Wasser und am Tag ihrer Hinrichtung erblühte er, obwohl es tiefer Winter war. Sie deutete dieses Wunder als ein Hinweis auf das Himmelreich, welches sie schon bald erwarten würde.
Wie du das Ritual für dich nutzen kannst
Je nach Gegend und Brauchtum werden Kirsch-, Apfel-, Birken-, Haselnuss-, Rosskastanien-, Pflaumen-, Holunder-, Rotdorn- oder Forsythienzweige verwendet.
Mir hat eine Gärtnerin gesagt, dass der Baum idealerweise bereits eine Frostnacht hinter sich haben sollte. Denn erst dann ist er auf Winter eingestellt und bereit, nach einer Erwärmung auszutreiben. Um den frostigen Winter zu stimulieren, kann man ihn auch für ein paar Stunden ins Tiefkühlfach legen. Anschliessend kommt er für eine Nacht in leicht lauwarmes Wasser - das ist die Aufwachzeit für die erstarrten Zweige - und danach in eine Vase mit lauwarmem Wasser, welches man regelmässig wechselt.
Die blühenden Zweige sind ein Symbol der Lebenskraft und sollen Glück, Segen und Hoffnung bringen. Sie erinnern uns daran, dass die Natur nicht tot ist, sondern nur ruht und dass das Leben in ihr bald wiederkehrt. Früher wurde das Ritual aber auch als ein Orakel für die Liebe und Ernte genutzt. So wiesen junge Mädchen zB jedem einzelnen Zweig den Namen eines Verehrers zu und der Zweig, der zuerst blühte, soll auf den zukünftigen Bräutigam hinweisen. Oder die Anzahl der Blüten standen für die Anzahl der Kälber, die im kommenden Jahr zu erwarten sein werden. Auch als Lotto-Orakel wird es zuweilen benutzt, indem so viele Zweige wie Lottozahlen ins Wasser gestellt und nummeriert werden. Die ersten sechs blühenden Zweige sind dann die Zahlen, auf die man setzen soll.
Geh zum Kirschbaum,
steh still und frag,
nach einem kleinen Zweig
für den Barbaratag.
In der Vase mutet er
kahl und leblos an,
doch gedeiht er langsam,
schau ihn dir täglich an.
In der Wärme des Hauses
wird er stattlich erblüh'n,
drei Wochen später erstrahlt er
zum sanften Kerzenglüh'n.
Er zeigt euch in dunkler Zeit,
ihr habet viel Glück,
dass draussen erstarrte Leben
kehrt bald zu euch zurück.
Diana Monson
Meine Erfahrungen mit Ungeduld, Bangen und einer überraschenden Entdeckung
Der Barbara Zweig ist über all die Jahre ein mir liebgewonnenes Ritual geworden. Am Anfang trieb mich viel Ungeduld und der grosse Wunsch, dass möglichst viele Blüten genau an Weihnachten erblühen mögen. Geschah dies nicht oder nicht genau an Weihnachten, sondern erst im Verlauf der folgenden Festtage, stellte ich mir die bange Frage: Was heisst das wohl für mein neues Jahr? Tagtäglich habe ich den Zweig und seine Knospen begutachtet, untersucht und gehofft, dass sie sich demnächst öffnen würden. Ich habe gezweifelt, ob ich dem Zweig eventuell nicht die nötige, sprich richtige Pflege angedeihen liess. Bis ich in einem der letzten Jahre beim Einstellen des Zweiges die bereits prallen Knospen entdeckte. Sie waren so prall, dass ich das Gefühl hatte, sie müssten eigentlich demnächst platzen. Da lag so viel Lebenskraft in diesen kleinen Hüllen, dass sich all meine Zweifel in Luft auflösten und ich die darin liegende Hoffnung spürte. Hoffnung, dass das Leben nach der Winter-/Ruhezeit wieder erblüht. Hoffnung, dass es weitergeht. Hoffnung, dass alles gut wird. Und auch wenn ich es mir noch immer wünsche, dass der Zweig an Weihnachten mit vielen Blüten übersät ist, so führe ich nun das Ritual mit Demut und Achtsamkeit aus, im Bewusstsein, dass das Leben - auch wenn davon gerade wenig sichtbar ist - weitergeht.
Ist der Brauch mit dem Barbara Zweig für dich neu oder zelebrierst du ihn schon länger? Welche Erfahrungen hast du gemacht? Erzähl mir doch im Kommentar davon. Ich freue mich stets über neue Impulse.
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Quellen und Literaturhinweise:
- Marianne Rösli, "Das Jahresrad. Die acht Jahresfeste", Seminarunterlagen
- Diana Monson, 2014, "Lebenslustig mit Kindern durch den Jahreskreis", Arun Verlag
- www.naturschutz.ch
- www.wikipedia.org
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